© gerhard schmidt 2009
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Gemma Augustea (Fragment)
Foto: © Kunsthistorisches Museum, Wien

Inv. Nr. ANSA IX a79

 

Die Gemma Augustea

Die Gemma Augustea, ursprünglich im Besitz des römischen Kaiserhauses, wurde wahrscheinlich durch Kunstraub bei der Eroberung Konstantinopels durch ein Kreuzfahrerheer 1204 nach Toulouse verbracht. 1246 erstmals erwähnt, wurde die Gemma Augustea, die sich heute im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet, im Inventar des Kirchenschatzes Saint Sernin in Toulouse, wo sie bis 1533 verblieb. Danach war sie im Besitz des Königs Franz I. von Frankreich  Seit 1619 befindet sie sich in Wien, nachdem sie von Kaiser Rudolf II. für 12000 Dukaten gekauft und  mit einem schmalen Goldrand neu eingefasst wurde. Die ältere Fassung, die in einem Inventar vom 11. August 1489 beschrieben wird, ist leider verloren. (A)

Ein Anlass, diese Gravur in Auftrag  zu geben, dürfte die Niederlage des Varus im Teutoburger Wald, vom September 9 n.Chr. gewesen sein, welche das Reich fast an den Rand des Abgrunds brachte, da drei Legionen mitsamt ihrem Feldherrn, den Offizieren und Hilfstruppen gänzlich vernichtet wurden. Auf die Nachricht von dieser Niederlage hin ließ Augustus Rom durch Wachen besetzen, damit kein Aufruhr entstehe (1).
Gemeinsames Handeln, Frieden und Zusammenhalt in allen Teilen des Reiches und die durch die Adoptionen von 4 n. Chr. gesicherte Fortdauer der Dynastie war die bedeutsame Botschaft welche die Gemma Augustea mit Ihren vielen Figuren vermitteln sollte. Die Gemma Augustea gehört zu den sogenannten „Staatskameen“. Die Darstellungen auf diesen kostbaren Steinen weisen ikonographisch auf den Kaiser und Angehörige seiner Familie hin .

Die historische Situation zur Zeit der Gemma Augustea war folgende: 4 n.Chr. adoptierte Augustus seinen Stiefsohn Tiberius, der seinerseits seinen Neffen Germanicus, den Sohn des älteren Drusus adoptieren mußte, obgleich Tiberius einen eigenen Sohn, Drusus Minor, hatte.

Das planvolle Vorgehen des Kaisers Augustus zur Sicherung der Herrschaft umfasste also zwei Generationen. Tiberius war Mitregent und Augustus ließ keinen Zweifel daran, dass das Imperium nach seinem Tode in die besten Hände übergehen werde, deshalb sind beide Regenten auf dem Kameo durch das doppelte Zepter gleichrangig dargestellt.

Seit 6 n. Chr. führte Tiberius gegen die aufständischen Pannonier Krieg, den er 9 n. Chr. siegreich beendete, was in der oberen Bildzone der in zwei übereinanderliegende Register gegliederten Gravur zum Ausdruck kommt. Sie zeigt den siegreich, wahrscheinlich 10 n. Chr. aus Pannonien-Dalmatien zurückkehrenden Tiberius (42 v. – 37 n. Chr.), welcher auf die Nachricht von der Niederlage des Varus hin, den beschlossenen Triumph im vierspännigen Triumphwagen mit Adlerzepter und Lorbeerzweig verschob  und stattdessen, mit Lorbeer bekränzt, auf einer Biga, einem Zweiergespann, in Rom einzog (2). Er ist der Schützling seiner geflügelten, ungeduldig und auffordernd zurückblickenden, die Peitsche schwingenden Wagenlenkerin Viktoria, welche ihn persönlich von Sieg zu Sieg führt. Hier wird dargestellt, dass ein neuer Aufbruch bevor steht — auf den Ankommenden, gerade vom Wagen steigenden, warten bereits neue Aufgaben, neue Kämpfe und Siege. Noch im gleichen Jahr verlässt er wieder, zusammen mit Germanicus, Rom, in Richtung Germanien.

Vor seinem Pferd und neben Roma steht der jugendliche, mit Bartflaum dargestellte Germanicus (15 v. – 19 n. Chr.), den Blick dem Kaiser zugewandt. Germanicus der am Kampf gegen die aufständischen Pannonier beteiligt war, trägt über dem Panzer die Feldherrenbinde und das Paludamentum. Seine linke Hand liegt locker auf dem Griff des umgehängten Schwertes, die rechte Hand ist in die Hüfte gestützt.

alexander der grosse

Tetradrachme
König von Macedonien, Alexander III "der Große".
336-323 v.Chr.
Aufschrift: BASILEOS ALEXANDROU
Foto: © CNG


Offensichtlich ist, dass diese Münze, sitzender Zeus mit Adler, Zepter, achtstrahligem Stern (Sonne ?) (2a) und Thron mit hoher Rückenlehne und gedrechselten Beinen als Vorbild für das Augustusbildnis der Gemma Augustea diente.

Ein römischer Kaiser sitzt normalerweise auf einer sella, einem lehnenlosen Sessel, oder auf einem bisellium, einem lehnenlosen Sessel der für zwei Personen ausreicht.

Eine Bank mit hoher Rückenlehne und gedrechselten Beine, so wie sie auch auf der Gemma Augustea zu sehen ist, kann deshalb nur Bildnissen östlicher Herscherrepräsentation entnommen sein.

 



Sitzende Frau spielt eine Kithara: Vom Raum H der Villa
von P. Fannius Synistors bei Boscoreale

40-30 v.Chr.

Dieses  um ca. 30 v.Chr. entstandene Wandgemälde, eine hervorragende Kopie der hellenistischen Kunst, zeigt wahrscheinlich eine Kithara spielende makedonischen Königin oder Prinzessin. Sie sitzt, wie der Herrscher auf der makedonischen Münze, auf der gleichen kunstvoll geschnitzten Bank.

Parallelen in der Komposition, zwischen diesem Gemälde und der Gemma Augustea, sind offensichtlich. Es zeigt wie sehr die Künstler der römischen Kaiserzeit unter dem Einfluss der hellenistischen Kunst standen.



Tetradrachme ca. 500 v.Chr.
Vierergespann mit schwebendem Globus (Sphaera)
Thrakien- Makedonien
Foto: © CNG

 

Rechts vom Zentrum sitzen Augustus (63 v. Chr.– 14 n. Chr.), der erste Kaiser des römischen Reiches, und Dea Roma auf einem bankartigen Thron mit gedrechselten Beinen. Die erhobene linke Hand des in Jupiterpose dargestellten Kaisers hält das Zepter, die rechte den Lituus, den gekrümmten Augurenstab, Zeichen höchsten religiösen und politischen Ranges. Dea Roma, die Schutzherrin der Stadt trägt einen gegürteten ärmellosen Chiton. Sie ist gerüstet mit Schild, Lanze, Schwert und einem attischen Helm mit drei Büschen — welcher dem der Athena Parthenos des Phidias nachempfundenen ist. Ihre linke Hand berührt sanft den Griff des Schwertes, womit sie zeigt, dass Rom immer zum Kampf bereit ist. Die mit Sandalen bekleideten Füße der beiden ruhen auf am Boden liegenden, die Fußbank ersetzenden Schilden. Unter dem Thron sitzt ein zu den Ankommenden aufschauender Adler, der königliche Vogel des Imperiums und des Jupiters. Zwischen den Köpfen der Roma und des Augustus, etwas erhöht, schwebt der mit einem Stern und dem Geburtszeichen des Augustus, dem Capricorn, besetzte Globus, die Sphaera, das Symbol für die gesamte Welt, welches die Gestirne miteinbezieht; das Symbol für die weltumfassende Herrschaft, das sich auch auf dem ca. 24 n. Chr. gefertigten Grand Camée wiederfindet.

Seinem Geburtsgestirn hat Augustus zeitlebens höchste Bedeutung beigemessen und ihm vertraut. Das Capricorn (Ziegenfisch) mit achtstrahligem Stern, das auch schon früh auf den programmatischen Münzen des Octavian erscheint, soll daran erinnern, dass Augustus von den Sternen zum Wohle und Heil des Staates bestimmt war. (2b) (2c) (2d)


Octavian wurde am 23. September im Zeichen der Waage geboren. Der Capricornus ist jedoch mit dem Sternzeichen Steinbock gleichzusetzen. Für diese Diskrepanz gibt es bis jetzt noch keine Erklärung. Eventuell ist der Capricornus als das Sternzeichen zu deuten, unter dem der spätere Prinzeps gezeugt wurde.

 




Denar
Octavian als Augustus (der Erhabene)
Capricorn mit achtstrahligem Stern, circa 27-16 v.Chr.
Provinzialprägung
Foto: © CNG

 

Vorne rechts, an den Thron gelehnt, üppig und breitlagernd, ist Tellus Italiae die römische Erdgöttin - auch Terra mater (Mutter Erde) genannt mit Efeukranz und leerem Füllhorn auf einem Felsen zu sehen, an ihrem Halsband  hängt ein tropfenförmiger Anhänger.  Begleitet wird sie von zwei Knaben, deren einer in der gesenkten linken Hand zwei Fruchtbarkeit verheißende Ähren hält, während der andere mit unheilabwehrendem Gestus die linke Hand nach außen streckt. Hinter dem Thron drängen sich Oikumene mit Schleier und Mauerkrone, die Vertreterin des bewohnten Erdkreises (Imperium Romanum), welche dem Kaiser in dankbarer Verehrung die Bürgerkrone (corona civica), einen Eichenkranz, übers Haupt hält, und der bärtige, muskulöse Okeanus, der Weltenstrom, der alles umschließt, und bis zu dessen nördlichen Küsten die Legionen des Augustus vorgestoßen sind. Alle drei sind Idealfiguren, welche die Weite des römischen Imperiums symbolisieren.

Die untere Bildzone, in der, im Gegensatz zu der staatstragenden Ruhe der oberen Bildzone, lebhafte Bewegung herrscht, stellt römische Siege über fremde Völker dar. Es dürften Pannonier, vielleicht auch Kelten oder Germanen  gemeint sein. Über den links am Boden sitzenden Personen wird von römischen Soldaten in voller Rüstung und von Helfern in leichter Arbeitskleidung gerade aus der von den Besiegten gewonnenen Waffenbeute  ein Siegeszeichen, ein Tropaion errichtet.
Von rechts werden zwei Gefangene an den Haaren herbeigezerrt, einer trägt einen ringförmigen Halsschmuck, einen Torques. Unter die römischen Soldaten scheinen sich auch göttliche Helfer zu mischen. Dass die Kämpfe mit großen eigenen Opfern verbunden waren, zeigt der am Boden liegende Panzer eines römischen Offiziers.




Die Programmatik: Verheißung des Sieges, die Rückkehr zu geordneten Verhältnissen  und die Götternähe Octavians, so wie sie auch auf den Münzen des Augustus darstellt wird, wird hier mit einem dezenten Hinweis auf eigene Verluste ergänzt — ein Novum. Der Untergang des  Quintilius Varus mit seinen drei Legionen in Germanien muss ein traumatisches Ereignis für Augustus gewesen sein.

Mit der Arbeit an der  Gemma Augustea dürfte bald nach dem Einzug des Tiberius 10 n. Chr. in Rom, begonnen worden sein, eventuell war sie zu diesem Zeitpunkt aber auch schon in Arbeit. Ein späterer Zeitpunkt ist unwahrscheinlich, denn nach dem Sieg über Pannonien und Dalmatien im Oktober 12 n. Chr. wäre  ein Verweis ( Biga anstelle des Triumphwagen) auf den von der Varusniederlage überschatteten Empfang des Tiberius nicht mehr sinnvoll gewesen.

Der Kameo ist nicht signiert. Oft wurde Dioskurides als Graveur dieses Kunstwerkes genannt. Chronologische Gründe schließen jedoch diese Zuweisung aus. Dioskurides, der zunächst in seiner Heimat Kilikien im Dienst des letzten Seleukiden, Philippos II. Philorhomaios (60er Jahre v. Chr.) stand, muss also spätestens um 80 v. Chr. geboren worden sein. Dass er im Alter von 90 noch als Graveur aktiv war ist unwahrscheinlich, eher könnte es sein Sohn Hyllos gewesen sein (3) . Wo sich die Werkstätten befanden, in denen dieser kostbare Stein bearbeitet wurde, ist nicht bekannt.

 

Die ursprüngliche Form der Gemma Augustea


(Fotomontage)     Die ursprüngliche Form ?

 

Der prächtige, im jetzigen Erhaltungszustand 19 x 23cm große Kameo ist leider stark beschädigt, ursprünglich war er wesentlich breiter. Am linken Rand fehlt ein größeres Stück, auch rechts ist einiges abgebrochen und wurde, jedenfalls im oberen Bereich, beigeschliffen, um eine ansprechende Form zu erhalten. Dabei wurde auch der, die neue Komposition störende linke Arm der Oikumene und damit auch das Attribut in der Hand des Okeanus entfernt. Bei dieser Aktion wurde auch der Mantel, der über dem Unterarm des Okeanus liegt, angeschnitten.

Dass Oikumene in der Urfassung nur mit einer Hand ausgestattet war, während alle andern Protagonisten der oberen Ebene mit zwei Händen dargestellt sind, ist nicht denkbar.

 

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Wie sehr die fehlende Hand der Oikumene den Blick geschulter Betrachter stört, zeigt auch die um 1621 gefertigte Federzeichnung von Peter Paul Rubens. Auf seiner nach einem Abguss gefertigten Zeichnung ist auch die linke Hand der Oikumene vorhanden. Rubens hat sie, ohne das Attribut des Okeanus zu berücksichtigen, ergänzt und die Hand auf die Schulter des Okeanos gelegt.

 



Der seitenverkehrte Stich nach der Federzeichnung von Peter Paul Rubens.
Der Stich weicht von der Zeichnung ab. Der Hand des Okeanus wurde ein Attribut beigegeben.

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Der Vorschlag von H. Meyer, dass die Hand des Okeanus, welche zweifelsfrei
ein Attribut hielt, durch Überarbeitung entstanden sein soll, ist nicht
nachvollziehbar — die Hand ist ursprünglich. (3a)

Reste des Attributs, welches die Frisur überlappte — wahrscheinlich Teile eines Steuerruders — sind noch innerhalb der Frisur, als halbkreisförmiger Einschnitt, zu erkennen ( roter Pfeil ).




Der halbkreisförmige Einschnitt in den Haaren des Okeanus.

 



(Fotomontage)

Okeanos mit Ruder, auf dessen Griff Oikumene ihre linke Hand legt.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass Okeanos das Ruder mit dem Ruderblatt nach oben hielt.

 

 

Denar
Octavian als Augustus, circa 18-16 v.Chr.
Provinzialprägung, Colonia Patricia (Spanien)
Das Capricorn mit Füllhorn auf dem Rücken hält Globus (Sphaera) und Ruder.
Foto: © NAC

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Actium-Kameo (überarbeitet)
nach 27 v. Chr.
Kunsthistorisches Museum, Wien
Inv. Nr. IX a 56

Ursprünglich wahrscheinlich Octavian (3b) als Sieger auf einem von Tritonen gezogenen Wagen. Die Seekentauren halten Steuerruder, Weltkugel, Viktoria mit Eichenkranz und Ehrenschild (clupeus virtutis) mit capricorni.

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Okeanos mit Steuerruder neben Tellus mit Füllhorn.
Sarkophag
2. Hälfte des 3. Jh. n. Chr..
Via Casilina, Torraccia.

 

 



Fortuna mit Steuerruder

 

Beim Entfernen des Steuerruders wurden Teile des Füllhorns abgeschnitten. Tiefe Einschnitte sind auch oberhalb der Hand des Okeanus, auf dem Abguss der Kamee, deutlich erkennbar.

 



Das beschnittene Füllhorn.


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Die ursprüngliche Form der Gemma Augustea dürfte ein symmetrisches, stumpfes Oval gewesen sein, in der Form ähnlich der gut erhaltenen Gemma Claudia. Der fragmentarische Zustand des Kameos erschließt sich den meisten Betrachtern nicht sofort, denn das Erhaltene erscheint zuerst schlüssig und wohlgeordnet. Man erkennt aber  bald,  dass die eckige, asymmetrische Form nicht zu dieser einst harmonischen Darstellung passt. Zwischen den Speichen des linken Wagenrades sind Reste von Falten zu erkennen, dort stand eine männliche Figur, ihre rechte Hand ist noch erkennbar, ebenso ihr rechter Fuß ist ganz links noch zu sehen. Es müssen sich aber zwei Personen in diesem Bereich befunden haben, denn nur so ist ein ausreichendes Gegengewicht zur rechten Dreiergruppe gegeben. Die vertikale Mitte (Symmetrieachse) des Kunstwerks verläuft demnach zwischen Germanicus und Roma. Augustus als regierender Kaiser und sein Sohn und Thronfolger Tiberius wurden bewusst mit gleichen Abstand zum Rand hin platziert, um die Gleichrangigkeit der beiden Protagonisten zu unterstreichen. (siehe Rekonstruktion Helmut Prückner)
Rekonstruktionszeichnungen von Simon, Scherrer und Prückner, mit diversen Ergänzungsvorschlägen, führten zu keinem befriedigendem Ergebnis. Der fehlende linke Arm der Oikumene, und das fehlende Attribut des Oceanos wurden in keiner Weise berücksichtigt . (4)


 



Rekonstruktion E.Simon, M. Boss
1988

 



iunctio dextrarum
Rekonstruktion M.Scherrer, U. Outschar

1988

 



Rekonstruktion H. Prückner,
durch Genius Senatus und Genius Populi Romani ergänzt.
1997

 



Rekonstruktion G.Schmidt
2010



In der linken unteren Bildzone erkennt man die Reste eines sitzenden Barbaren, von dem nur der Haarschopf und ein Fuß erhalten sind. An der am Tropaion hängenden, mit einem Skorpion verzierten Pelta, sind Abarbeitungsspuren zu erkennen, die linke Schildkante ist angeschnitten. Auch der feine, oben und rechts zu sehende Schnitt, welcher den Schild einrahmt,  ist links nicht mehr vorhanden. Links vom Schild befand sich demnach  noch eine stehende Person, die wahrscheinlich leichten Kontakt mit dem Schild hatte.



Wenn man von einer symmetrischen Form ausgeht, muss sich auch rechts unten, neben der an den Haaren herbeigezogenen Frau, noch eine Person befunden haben. Der große Freiraum in diesem Bereich und Abarbeitungsspuren am linken Arm und an den Haaren der Frau, belegen dies. Auch der über die linke Schulter gelegte Mantel, den sie mit beiden Händen festhält, wobei Mittel- und Zeigefinger im Unheil abwehrenden Gestus ausgestreckt bleiben, ist im Bereich der linken Hand angeschnitten. Welche Figuren entfernt wurden — Soldaten oder Gefangene — lässt sich schwerlich erahnen.

 



Die hinter der Gefangenen stehende Person wurde entfernt. Wahrscheinlich hatte der Sprung, der quer durch den Stein läuft, den Kopf dieser Person stark beschädigt.
Die scharfkantigen Einschnitte am linken Arm, der Schulter und den Haaren der Gefangenen sind gut erkennbar. Der Verlauf der bewegten Haarsträhnen ist unterbrochen, die Spitzen der Locken wurden abgeschnitten.

 



Bei vier Personen wurden die Köpfe, durch den quer durch den Stein verlaufenden  Sprung, genau im Halsbereich vom Körper getrennt, glücklicherweise blieben sie deshalb überwiegend unversehrt. Bei der rechts stehenden Person jedoch verlief der Riss durch den Kopf (roter Kreis), die dadurch verursachten Beschädigungen waren wahrscheinlich so gravierend , dass diese Person bei der Überarbeitung komplett entfernt wurde.

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Liktoren

 

Im oberen Feld gibt es Anhaltspunkte, die den in Frage kommenden Personenkreis, der sich in dem links abgebrochenen Stück befand, einschränkt. Neben Tiberius müssen sich zwei Personen befunden haben, von denen zumindest einer einen Stab getragen hat.

Diese Feststellung ergibt sich zwingend aus den bis an den oberen Rand reichenden Stäben, die von Tiberius, Roma, Augustus und Oceanos gehalten werden, und deren Ausrichtung für die optische Stabilität der kompletten Komposition von entscheidender Bedeutung ist. Die Lanze und die beiden Zepter sind nach rechts gekippt, das entfernte Attribut des Oceanos, wahrscheinlich ein Ruder, war leicht nach links ausgerichtet.

Als Gegengewicht zu diesen überwiegend nach rechts ausgerichteten
Stäben sind — mittig in der unteren Ebene — das Tropaion,
die beiden Lanzen und das Schwert nach links ausgerichtet.

Um die Komposition ins Gleichgewicht zu bringen müssen die Personen, die neben Tiberius standen, demnach auch leicht nach links ausgerichtete Attribute getragen haben.


Die Anordnung der Attribute



Augustus, auf der rechten Seite der Gravur, ist von Idealfiguren und Gottheiten umgeben, man kann deshalb davon ausgehen, dass die linke Seite der Gravur — ausgenommen die Siegesgöttin Viktoria — der Realität, nämlich dem Militär und der Leibwache vorbehalten war. Der Vorschlag von Hans Möbius, dass Tiberius zwischen seinen beiden Söhnen, dem Adoptivsohn Germanicus und dem leiblichen Sohn Drusus minor, vom Wagen steigt ergibt keinen Sinn. Denn Augustus, der Tiberius adoptierte, hatte Tiberius gezwungen, seinerseits Germanicus zu adoptieren und damit den Nachfolger von Tiberius bestimmt. (4a) Dass auf dem Kameo, sofern er zu Lebzeiten des Augustus gefertigt wurde, beide Söhne des Tiberius erscheinen, ist deshalb unwahrscheinlich.
Ebensowenig überzeugt der Vorschlag von H. Prückner, die fehlenden Personen durch Genius Senatus und Genius Populi Romani zu ersetzen, denn das Volk und der Senat von Rom sind bereits durch Roma repräsentiert.



Liktoren könnte man sich an dieser Stelle vorstellen. Als Zeichen der Macht des von ihnen begleiteten Amtsträgers trugen sie über der linken Schulter Rutenbündel, die sogenannten fasces. Bei einem Triumphzug schritten die die lictores im roten Kriegsmantel ( paludamentum), vor dem Triumphator, die Rutenbündel mit Lorbeer umwunden
und selbst auch den Lorbeer tragend. (5)

Da die Gemma Augustea keinen Triumphzug darstellt, dürften die Liktoren Toga und Tunika getragen haben. Die Reliefs mit der Prozession auf der Ara Pacis, die der Gemma Augustea auch in ihrer Tiefenstaffelung sehr nahe stehen, könnten als Vorbild gedient haben.

Zwei im Hintergrund stehende Liktoren, mit nach links gerichteten Rutenbündeln und Lorbeer, die den Wagen begleiten, würden die Komposition ins Gleichgewicht bringen.

 



Liktor
Ara Pacis

 

 

 

Siberbecher aus der Villa Pisanella in Boscoreale.


 

 

 

Triumphzug des Tiberius, ca.12 n. Chr. ?

Foto: © Marie-Lan Nguyen



Der Becher (ehem. Sammlung Rothschild), der im 2. Weltkrieg schwer beschädigt wurde
und lange als verloren galt, zeigt de siegreichen Feldherrn mit Szepter und Lorbeerzweig im Triumphwagen. Hinter dem Imperator steht der Staatssklave im Wagen, der die Aufgabe hatte, den goldenen Siegeskranz über das Haupt des Triumphators zu halten. Dem Wagen folgen einige bekränzte, mit Tuniken bekleidete junge Männer. Die mit einem offenen Halsreif (Torques) geschmückte Person, trägt Lorbeerzweige ( Ein Offizier der Hilfstruppen ?). Weitere Männer sind, gemeinsam mit zwei Liktoren, neben dem von vier Pferden gezogenen Wagen zu sehen.   

             

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Iunctio dextrarum ?
(Verbindung der rechten Hände)

Von dem abgebrochenen und teilweise abgearbeiteten Togatus, sind nur noch Teile der Füße, Faltenbahnen und Finger erhalten geblieben. Der immer wieder vorgebrachte Vorschlag, dass sich diese Finger helfend um die Handwurzel des Absteigenden legen, ist eindeutig falsch, denn es ist kaum vorstellbar, dass ein junger, dynamischer Thronfolger mit energischem Blick, einer helfend gereichten Hand bedurfte um vom Wagen zu steigen. Auch eine iunctio dextrarum kommt nicht in Frage, weil sie erstens auch einen Blickkontakt voraussetzt und zweitens, ebenfalls eine weitere Hand, die es in diesem Bereich jedoch nicht gibt und nie gab.
Ein solches Durcheinander von Händen widerspricht auch ganz der sonst im Bild herrschenden Klarheit und Einfachheit der Formen und Gesten.

Man sollte bei der Benennung der auf der Gemma Augustea dargestellten Personen, die hierarchischen Strukturprinzipien höfischer Bildgestaltung nicht außen vor lassen.

Meines Erachtens ist es deshalb nicht möglich, dass auf der Gemma Augustea neben Augustus, Tiberius und Germanicus auch noch Drusus minor dargestellt war.
Aus Sicht des Augustus war durch die Adoptionen 4.n.Chr. die Fortdauer der Dynastie gesichert. Drusus minor kam in den dynastischen Überlegungen des Augustus nicht mehr vor.

 

 

Rubens hat den sekundären ins Nichts führenden Unterarm des Tiberius, so wie er auf dem Stein dargestellt ist, nicht akzeptiert. Er hat ihn deshalb, auf seiner um 1621 gefertigten Zeichnung der Gemma Augustea, mit einer passenden Hand versehen und die Vorhandene in diesem Bereich ignoriert.


Federzeichnung der Gemma Augustea von Peter Paul Rubens um 1621   (Ausschnitt)
St. Annen-Museum, Lübeck



Anders der Stich der Gemma Augustea von Kohl, welcher nach der akribischen Zeichnung von Kibler gefertigt wurde.
In dem 1788 in Wien, bei Joseph Edlen von Kurzbek erschienenen  Buch von Joseph Hilarius Eckhel,  „Choix des pierres gravées du cabinet impérial des antiques...“  wird, im Gegensatz zu den geschönten Kameen-Zeichnungen von Rubens, nur das dargestellt was auch erkennbar ist, — die geschlossene, etwas greifende rechte Hand der neben Tiberius stehenden Person und der unnatürliche Verlauf der Falten im Bereich des Ellenbogens. Die Falten des Tunika-Ärmels und die Falten der Toga gehen ineinander über, sie können deshalb nicht ursprünglich sein.


Zeichnung der Gemma Augustea von Kibler (Ausschnitt)

 

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Die Falten des Tunika-Ärmels und die Falten der Toga gehen fließend ineinander über.
(diesen Hinweis verdanke ich Jens Daehner)

 

 

Der ursprüngliche rechte Arm des Tiberius


Es ist nun danach zu fragen, was war ursprünglich in diesem durch Überarbeitung verunstalteten Bereich dargestellt. Die Antwort ist nicht allzu schwierig, wenn man bedenkt, dass niemand mit angewinkelten Unterarmen vom Wagen steigt, so wie es Tiberius hier zu tun scheint.

Der natürliche Bewegungsablauf ist so, dass einem ausgestreckten, festen Boden suchenden Bein fast immer der ausgestreckte Arm folgt. Der angewinkelte Unterarm ist demnach das Ergebnis einer Umarbeitung, die versuchte, den wahrscheinlich teilweise abgebrochenen Unterarm des Tiberius zu kaschieren. Die Reste des ausgestreckten Arms, der fast paralell zum Szepter verlief und wahrscheinlich einen Lorbeerzweig hielt, wurden entfernt und aus den Resten des Togatus wurde der neue Unterarm gestaltet. Dies erklärt auch den tiefen sekundären Einschnitt zwischen dem neu gestalteten Unterarm und dem Szepter, der bis in den dunklen Untergrund eindringt. Wäre der jetzige Unterarm ursprünglich, hätte er sich klar von dem Togatus im Hintergrund abgesetzt und es hätte bei der Überarbeitung keinen Grund für diesen tiefen Einschnitt gegeben. Beachtet man jetzt noch, dass der scharfe Schnitt, welcher die Unterkannte des Unterarmes andeutet, innerhalb der nachträglich herbeigeführten Einschnitte liegt, also sekundär ist, so kann es keinen Zweifel mehr geben, dass der jetzige Unterarm des Tiberius nachträglich konstruiert wurde (rote Pfeile).

 

        

  Reste des ursprünglichen Arms, der fast parallel zum                   Die überarbeiteten Bereiche sind rot markiert.
  Szepter  verlief, sind oberhalb der Pfeilspitze noch
   erkennbar.

 

 

   

Der scharfe Schnitt, welcher die Unterkannte des Unterarm andeutet, liegt innerhalb der nachträglich herbeigeführten Einschnitte , ist also sekundär.

 

 

Die Stellung und insbesondere die Höhe des sekundären Unterarms (B) — der ursprüngliche Unterarm lag höher — macht es auch unmöglich, dass sich der ansteigende Verlauf des Faltenwurfs des neben Tiberius tiefer stehenden Togatus — Reste der Falten sind links neben dem Szepters noch zu sehen (A) — sich unterhalb des sekundär konstruierten Unterarms in gerader Linie hätten fortsetzen können. Die Falten würden mit dem jetzt sichtbaren Unterarm kollidieren, der Unterarm wurde demnach aus dem Faltenwurf des tiefer stehenden Togatus neu gestaltet.

A: Die ansteigenden Falten
B: Der sekundäre Unterarm

Deutlich ist der tiefe, parallel zum Szeper verlaufende Einschnitt erkennbar. In diesem Bereich befand sich der ursprüngliche rechte Arm des Tiberius.

 

 

(Fotomontage)  
Tiberius mit Szepter und Lorbeerzweig
  

Hängende Schulter, angewinkelter Unterarm und ausgestrecktes Bein sind drei Positionen, die nur schwer miteinander vereinbar sind. Sie entsprechen in keiner Weise dem natürlichen Bewegungsablauf. Die Überarbeitung ist offensichtlich.

Nur die auf der Fotomontage dargestellte Stellung des rechten Unterarms ergibt, in Verbindung mit der stark hängenden rechten Schulter und dem ausgestreckten  rechten Bein, ein harmonisches Bild.



 

Gerhard Schmidt
Februar 2010

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  Die Gemma Augustea,
                            ein augusteisches Objekt
                                                            imperatorischer Selbstdarstellung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(1)Caius Suetonius Tranquillus, Caesarenleben.
Der vergöttlichte Augustus 23.49

 

23.
Schwere, schimpfliche Niederlagen hat Augustus überhaupt nur zwei, und nur in Germanien erlitten: die des Lollius und die des Varus. Bei der des Lollius war die Schande größer als der Verlust, die des Varus bedeutete durch die Niedermetzelung dreier Legionen samt Führer, Unterfeldherrn und sämtlichen Hilfstruppen fast den Untergang des Reiches. Auf die Nachricht hiervon ließ Augustus alle Stadtteile militärische besetzen, um keine Unruhen aufkommen zu lassen, und verlängerte sämtlichen Provinzialstatthaltern ihr Kommando, um die Bundesgenossen durch erfahrene und ihnen bekannte Männer in Gehorsam zu halten. Zugleich gelobte er dem Jupiter Optimus Maximus große Spiele, wenn die Lage des Staates eine Wendung zum Besseren erfahren hätte, wie das seinerzeit im Kriege gegen die Zimbern und im Bundesgenossenkrieg geschehen war. Ja, es heißt, seine Verzweiflung sei so groß gewesen, dass er monatelang Haar und Bart sich wachsen ließ und oft seinen Kopf mit dem Ausruf gegen die Tür stieß: »Quintilius Varus, gib die Legionen wieder!« Den Tag der Niederlage soll er stets als Klage- und Trauertag begangen haben.

(...)

49.
Was das Heer betraf, so verteilte Augustus die Legionen und Hilfstruppen nach den Provinzen. (...) Sonstige Truppen verwandte er teils zum Schutz der Hauptstadt, teils als persönliche Garde; dagegen entließ er (...) das Korps der Germanen, das er bis zur Niederlage des Varus unter seinen Leibwachen um sich gehabt hatte. (...)

 

 

(2) Caius Suetonius Tranquillus, Vita Tiberi 17-18

17.
Cui gloriae [sc. l.: Ac perseuerantiae grande pretium tulit, toto Illyrico (...)] amplior adhuc ex oportunitate cumulus accessit. Nam sub id fere tempus Quintilius Varus cum tribus legionibus in Germania periit, nemine dubitante quin uictores Germani iuncturi se Pannoniis fuerint, nisi debellatum prius Illyricum esset. Quas ob res triumphus ei decretus est multi[que] et magni honores. (...) Triumphum ipse distulit maesta ciuitate clade Variana; (...)

 

Die deutsche Übersetzung:

Caius Suetonius Tranquillus, Caesarenleben.
Tiberius 17-18

17.
Der Ruhm dieses Erfolges [d. h. der Unterwerfung Illyricums] war in Anbetracht der allgemeinen Lage, die damals herrschte, noch höher zu bewerten. Denn fast zur gleichen Zeit fand Quintilius Varus mit drei Legionen in Germanien seinen Untergang, und kein Mensch zweifelte daran, dass sich die siegreichen Germanen mit den Pannoniern vereinigt hätten, wenn nicht Illyricum vorher unterworfen worden wäre. Wegen dieser Taten wurde Tiberius der Triumph zuerkannt, außerdem erhielt er noch andere zahlreiche große Ehrungen. (...) Den Triumph vertagte Tiberius selbst in Anbetracht der Staatstrauer über die Niederlage des Varus. (...)

 

 

 

(2a)Da auf Münzen mit ähnlicher Darstellung, anstelle des Stern auch ein, in Musnad geschriebenes horizontales "shin", das Zeichen für den semitischen Sonnengott, erscheint, könnte es sich bei dem achtstrahligen Stern um die Sonne handeln.

Ob es sich bei diesen kleinen Beizeichen immer um ein Zeichen der prägenden Stadt handelt, ist nicht geklärt.

Tetradrachme
Links mit horizontalem Beizeichen "shin".
Rechts der Name Alexanders
des Großen in griechischen Buchstaben "AΛEΞANΔPOY" (Alexander im Genitiv, Alexandrou)
(220–200 v. Chr.)

 

(2b)Paul Zanker, Augustus und die Macht der Bilder. München 2003. S.57

(2c)Bei dem Stern hinter dem Capricorn kann es sich nicht um den Komet Caesar (sidus Iulium) handeln, denn es fehlt die Flamme und der nach oben gehende Strahl steht nicht senkrecht.

Im Jahre 44 v. Chr. erschien dieser Komet für sieben Tage am nordöstlichen Himmel.

siehe auch:
Helmut Prückner
FS Lorenz
Wien 1997. S.121



sidus Iulium bzw. Caesaris astrum

 

 

(2d)Capricorn und Skorpion werden auf der Gemma Augustea dargestellt. Dass es sich bei dem Capricorn um das Geburtszeichen des Augustus handelt ist sicher belegt.
Jedoch gibt es für die oft geäußerte Annahme, dass es sich bei dem Skorpion auf der Pelta am Tropaion in der unteren Ebene der Gemma Augustea um das Geburtszeichen des Tiberius handelt, keinen Beleg.

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Auf dieser Münze werden Capricorn und Skorpion gemeinsam abgebildet. Es muß demnach einen Zusammenhang zwischen den beiden Sternbildern geben. Dieser ist jedoch nicht erkennbar, da
leider alle bis jetzt gefundenen Münzen dieser Art ohne Inschrift sind.

Foto: © CNG




 

(3)
E. Zwierlein-Diehl,
Magie der Steine, Kunsthistorisches Museum,
S 268,
Wien 2008.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(3a)Hugo Meyer: Prunkkameen und Staatsdenkmäler römischer Kaiser. Neue Perspektiven zur Kunst der frühen Prinzipatszeit, S. 61,
München 2000

 

 

 

 

 

 

(A) Fernand de Mely,
Le Camayeul de Saint-Sernin S.72:

In sacristania alta est quedam capsa
parva fustis noguerii que clauditur cum tribus clavibus. Quidam pulcher et multum dives et pretiosus
lapis, vocatus vulgariter Camaliel appositus et compositus supra lapidem vulgariter dictum casideone
et est inclaustratus in argento.

Et a parte retro sunt due ense ad deferendum eundem. Et a parte ante
et de subtus a latere dextro est quidarn lapis albus sub colore cristalli, longus, modicum inclaustratus et a latere sinistro quidam lapis niger quasi quadratus et desuper a parte dextra quidam lapis
diversarum quadraturarum rubeus sub colore safrani.

Et a parte sinistra de superiori historia est
figura quadrige, et ab alia parte, quidam lapis quasi rotundus, vulgariter dictus cassidoine et de super in dicto lapide Camasuelis et superiori historia sunt decern personatgia in dicta historia et quedam aquila in pede illorum, quasi circa medium a latere dextro: et in inferiori historia sunt undecim personatgia; que quidem lapis est unius palmae cane amplitudinis et quasi unius altitudinis, et dictus lapis est fractus in medio, videlicet in secunda historia ad longum.

Die deutsche Übersetzung:

In der hohen, oberen Sakristei befindet sich eine gewisse kleine Kapsel aus Nussbaum
(fustis noguerii) , die mit drei Schlüsseln verschlossen wird. Ein wahrhaft schöner, sehr kostbarer und prächtiger Stein, gemeinhin Camaliel [ Kameo] genannt, der oberhalb eines Steines – gewöhnlich Cassideone
[ Calcedon] genannt – gesetzt und in Silber gefasst ist.

Auf der Rückseite befinden sich zwei Schwerter
[ Griffe ? ], mit denen man ihn gehend wegtragen kann. Auf der Vorderseite und auf der rechten Seite unten befindet sich ein gewisser weißer Stein von kristallener Farbe, lang, bescheiden eingefasst und auf der linken Seite irgendein schwarzer, fast quadratischer Stein, darüber auf der linken Seite irgendein roter Stein in verschiedenen Vierecken von safrangelber Farbe.

Und auf der linken Seite des obigen Darstellung befindet sich die Figur einer Quadriga und auf der anderen Seite ein gewisser fast runder Stein, gewöhnlich Cassidoine genannt und darüber auf dem Camasuelis genannten Stein und auf der obigen Darstellung sind zehn Personen und irgendein Adler zu ihren Füßen; gleichsam etwa in der Mitte der rechten Seite und auf der unteren Darstellung sind elf Personen; und zwar ist dieser gewisse Stein  eine Handfläche breit und eine hoch und der besagte Stein ist in der Mitte gebrochen, nämlich in der zweiten Darstellung der Länge nach.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(3b)Lediglich die Capricorni sprechen für einen Bezug des Bildes auf Octavian.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(4)
Helmut Prückner
FS Lorenz
Wien 1997.

Peter Scherrer
ÖJh 58
Wien 1988.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(4a)
Auf die Weisung des Augustus  hin wurde Agrippina maior 5 n. Chr. mit Germanicus , dem Neffen und Adoptivsohn des Tiberius, verheiratet. Agrippina maior war die Tochter von Augustus` Freund Marcus Vipsanius Agrippa und Julia, der Tochter des Kaisers — ein weiterer Schachzug zur Sicherung der Dynastie.

 

 

(5)
Ernst Künzl
Der römische Triumph
München 1988

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Peter Paul Rubens
(1577-1640) wurde am 28. Juni 1577 als Sohn des Jan Rubens und der Maria Pypelincks in Siegen geboren. Nach dem Tod des Vaters 1587 zog die Familie, Rubens hatte sechs Geschwister, nach Antwerpen. 1600 reiste er nach Italien, wo er acht Jahre lang lebte und arbeitete, überwiegend  in Mantua und Rom. Hier  begann Rubens, einer der bekanntesten Maler des Barock, berühmt für seine Altarbilder, Porträts und Gemälde mit mythologischen Szenen, antike Gemmen zu sammeln.  1626 verkauft er 196  Stück aus seiner Sammlung an den ersten Herzog von Buckingham. Eins seiner besten Stücke, die von Tryphon gravierte Kamee, Amor und Psyche, hinterließ er seinem Sohn Alfred, der 1665 eine Abhandlung über die Gemma Augustea verfasste.



Rubens, Albert. 1614-1657: Alberti Rubeni Petri Pauli F. De re vestiaria veterum, praecipve de lato clavo libri dvo : et alia eiusdem opuscula posthuma, quorum seriem adversa pagina exhibet. De re vestiaria, praecipue de lato clavo libri duo -- De gemma Tiberiana -- De gemma Augustaea -- De urbibus Neocoris -- De nummo Augusti, qui inscribitur Asia recepta -- De natali die Caesaris Augusti -- Ioan. Bapt. Donii Dissertatio de utraque paenula.. Antverpiae 1665.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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